Liebe Kolleg*innen,
heute wende ich mich mit einer kollegialen Anfrage zum Thema
Mikroapartments/Kleinstwohnungen an Sie. Gibt es bei Ihnen
Erfahrungswerte und Strategien, wie mit dem Boom bei Kleinstwohnungen
und Mikroapartments seitens der Verwaltung und Politik in Städten mit
größeren Studierendenzahlen umgegangen wird? Hier interessiert uns
insbesondere die stadtplanerische und baurechtliche Sicht sowie die
Haltung der Wohnungsämter zum Thema und welche Strategien und Maßnahmen
bereits etabliert sind?
Hintergrund:
In der Stadt Aachen wuchs im Laufe des Hochschulbooms und
Campusentwicklung der letzten 10 Jahre die Zahl der Studierenden um
20.000 Personen auf nun fast 60.000 hier eingeschriebene Studierende an.
Neben den immensen Herausforderungen für öffentliche Einrichtungen und
die kommunale Infrastruktur einer 250.000 Einwohner Stadt, beobachten
wir enorme Auswirkungen auf die Nachfrage und Ausgestaltung des Angebots
auf dem Aachener Wohnungsmarkt. Auf Basis von 40 mir bekannten und gut
dokumentierten Wohnbauprojekten, die zwischen 2019 - 2024 fertig
gestellt werden sollen, konnten einzelne Merkmale sowie die Lage der
knapp 5.000 in diesen Vorhaben zu erwartenden Wohneinheiten analysiert
werden. Der bisher vermutete Trend zur Errichtung von Studierenden- und
Mikroapartments, die auf eine hochschulaffine Zielgruppe abzielen,
wurden im Rahmen der Auswertung bestätigt. 2.000 dieser Wohneinheiten,
also 40 % des zu erwartenden Gesamtvolumens (Anzahl WE), werden als
Mikro- bzw. Ein-Zimmer-Apartment realisiert.
Neben der positiv zu bewertenden Tatsache, dass hierdurch ein adäquates
sowie zusätzliches Wohnungsangebot für die stetig und kräftig wachsende
Nachfragegruppe der Studierenden und Beschäftigten im
Hochschul-/Forschungs- und Entwicklungssektor entsteht, birgt die
Entwicklung ebenfalls diverse Risiken.
Zum einen bietet dieser Wohnungstyp Investoren enorme
Verdienstmöglichkeiten: die erwartbare Rendite je Quadratmeter
Wohnfläche liegt weit über der von herkömmlichen Wohnungstypen. Die
durchschnittliche Angebotsmiete lag bei Kleinstwohnungen im Jahr 2018
bei 11,80 €/m² in Aachen - betrachtet man die Angebote mit
Neubauapartments einzeln wird sogar ein Durchschnitt von fast 15,- €/m²
erreicht. Zudem ergibt sich gleichsam ein enormes Steigerungspotenzial
bei den Mieteinnahmen - die hohe Mieterfluktuation in diesem Wohnungstyp
erleichtert Mieterhöhungen und Anpassungen an neue
Wohnungsmarktentwicklungen ungemein. Dies führt unter anderem zur
Verknappung und damit einhergehender Verteuerung von andersartigem
Wohnraum, bspw. für Familien. Zudem ist die studentische Nachfragegruppe
ins besonders durch ein unterdurchschnittliches Einkommen geprägt und
daher auf ein ausreichendes Angebot an bezahlbaren Wohnraum angewiesen.
Zum anderen stellt der Wohnungstyp Kommunen zukünftig vor die
Herausforderung, eine bedarfsgerechte und leistbare Wohnraumversorgung
auf Basis eines heterogenen, diversifizierten Wohnungsangebots
nachhaltig zu sichern, das unterschiedlichste Nachfragegruppen bedienen
kann. Bei der Planung und dem Bau der Objekte müsste dazu sichergestellt
werden, dass auf zukünftig abweichende Wohnraumbedarfe flexibel durch
multifunktionale Wohnungsgrundrisse reagiert werden kann. Hierfür gibt
es zwar gestalterische Lösungen für die Planungs- und Bauphase. Diese
Anpassungen gehen jedoch mit einem weitaus höheren Kostenaufwand einher
und sind daher selten zu finden.
Ich freue mich über Ihre Rückmeldung und hoffe, dass wir mit einigen
Kommunen in einen Austausch über das spezielle Thema treten können.
Mit freundlichen Grüßen
i.A.
Martin Jordan
Wohnbaumonitoring & Kommunale Wohnungsmarktbeobachtung
Stadt Aachen
Fachbereich Wohnen, Soziales und Integration
Verwaltungsgebäude Hackländerstr. 1, 52064 Aachen, Zi. 902
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www.aachen.de/wohnungsmarktbericht